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Verband Baugewerblicher Unternehmer  im Lande Bremen e. V.

Newsletter 40. KW 2019

Fortsetzung aus dem Newsletter der 40. KW zum Artikel:

Angebotsvorsorge bei Exposition gegenüber natürlicher UV-Strahlung


 



Das Arbeiten im Freien ist gerade in den Sommermonaten kein Zuckerschlecken.






Im Gemeinsamen Ministerialblatt Nr. 36 vom 24. September 2019 wurde jetzt die Arbeitsmedizinische Regel (AMR) 13.3 "Tätigkeiten im Freien mit intensiver Belastung durch natürliche UV-Strahlung von regelmäßig einer Stunde oder mehr je Tag" veröffentlicht. Diese AMR (vgl. Anlage) konkretisiert die Anforderungen an die neue Angebotsvorsorge bei natürlicher UV-Strahlung. Sie wurde vom Ausschuss für Arbeitsmedizin verabschiedet und vom Bundesarbeitsministerium veröffentlicht.


Anwendungsbereich

Die AMR gilt für Tätigkeiten im Freien mit intensiver Belastung durch natürliche UV-Strahlung. „Tätigkeit im Freien“ umfasst jede Tätigkeit außerhalb von geschlossenen Räumen. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) wies in der Sitzung zur Gestaltung der AMR darauf hin, dass der „geschlossene Raum“ einen Abschluss nach allen Seiten hin erfordert. Eine bloße Überdachung führt hingegen nicht zur Unanwendbarkeit der AMR.


Auslösekriterien

Die AMR konkretisiert, wann bei Tätigkeiten im Freien eine intensive Belastung durch natürliche UV-Strahlung von regelmäßig einer Stunde oder mehr je Tag anzunehmen ist.

Bei Tätigkeiten im Freien in Deutschland muss der Arbeitgeber seinen Beschäftigten unter folgenden Voraussetzungen, die alle erfüllt sein müssen, Angebotsvorsorge anbieten:
im Zeitraum April bis September,
zwischen 10 Uhr und 15 Uhr MEZ (entspricht 11 Uhr bis 16 Uhr MESZ),
ab einer Dauer von insgesamt mindestens einer Stunde pro Arbeitstag,
an mindestens 50 Arbeitstagen.

Arbeitstag ist hierbei jeder Tag, an dem gearbeitet wird.

Da auch im Schatten regelmäßig noch bis zu 50 % der UV-Strahlung ankommt, kann eine Beschattung laut BMAS nicht zur Vermeidung der intensiven UV-Strahlung und damit der Angebotsvorsorge führen. Bei Tätigkeiten im Schatten (z. B. durch Einhausung oder andere Verschattungsmaßnahmen), die dort dauerhaft und ununterbrochen ausgeübt werden, ist eine Angebotsvorsorge aufgrund der geringeren Intensität der UV-Strahlung aber erst ab einer Dauer von insgesamt mindestens zwei Stunden, bei ansonsten gleichbleibenden Kriterien anzubieten.

Für Tätigkeiten auf verschneiten Flächen oder ab einer Höhe von mehr als 1.000 Metern über dem Meeresspiegel bezieht sich der Zeitraum auf die Dauer eines Kalenderjahres.

Für Tätigkeiten außerhalb Deutschlands gelten besondere Auslösekriterien, die der AMR Nr. 13.3. unter Ziffer 4.3 zu entnehmen sind.


Arbeitsschutzmaßnahmen

Technische oder organisatorische Arbeitsschutzmaßnahmen (z. B. Sonnensegel, Verlagerung der Arbeitszeit) können die Gesundheitsgefährdung durch schädliche UV-Strahlung minimieren.

Auf der Grundlage der Gefährdungsbeurteilung ist dann zu ermitteln, inwieweit zusätzlich zu technischen und organisatorischen Schutzmaßnahmen persönliche Schutzmaßnahmen (wie textiler Sonnenschutz, abschattender Kopf- und Nackenschutz, Sonnenschutzbrille, Sonnenschutzmittel) für den UV-Schutz notwendig sind, auch im Schatten.

Die AMR weist nochmals darauf hin, dass gemäß dem TOP-Prinzip individuelle Schutzmaßnahmen gegenüber technischen und organisatorischen Arbeitsschutzmaßnahmen nachrangig sind. Das Tragen Persönlicher Schutzausrüstung hat ferner keinen Einfluss auf die Auslösekriterien, d. h., das Tragen von entsprechender Schutzkleidung und Sonnencreme ist bei der Expositionsermittlung nicht mit einzubeziehen.


Frist

Die AMR Nr. 2.1 konkretisiert die Fristen zum Angebot der Vorsorge. Die erste Vorsorge muss innerhalb von drei Monaten vor Aufnahme der Tätigkeit veranlasst oder angeboten werden. Die zweite Vorsorge muss mindestens zwölf Monate nach Aufnahme der Tätigkeit angeboten werden. Jede weitere Vorsorge, einschließlich nachgehender Vorsorge, muss spätestens 36 Monate nach der vorangegangenen Vorsorge veranlasst bzw. angeboten werden. Die benannten Fristen sind Maximalfristen, d. h., sie dürfen unter- nicht jedoch überschritten werden.


Wunschvorsorge

Die AMR 13.3. weist ferner auf die Wunschvorsorge hin. Auch wenn die Auslösekriterien nicht erreicht werden, können Belastungen durch natürliche UV-Strahlung nicht ausgeschlossen werden, sodass Beschäftigten Wunschvorsorge gemäß § 5a ArbMedVV zu ermöglichen ist, wenn diese dies wünschen.

Der Arbeitgeber muss den Beschäftigten über die Möglichkeit der Wunschvorsorge informieren, z. B. im Rahmen einer Unterweisung.

Der Anspruch des Beschäftigten auf Wunschvorsorge gemäß §§ 11 ArbSchG und 5a ArbMedVV entfällt im Einzelfall nur, wenn auf Grund der Gefährdungsbeurteilung und der getroffenen Schutzmaßnahmen mit einem Gesundheitsschaden nicht zu rechnen ist. Im Streitfall muss der Arbeitgeber dies jedoch in Bezug auf den konkreten Arbeitsplatz darlegen und beweisen.

Bei Einhaltung der jeweiligen AMR kann der Arbeitgeber davon ausgehen, dass die entsprechenden Anforderungen der ArbMedVV erfüllt sind.


Ärzte

Die Vorsorge ist bei Betriebs- oder Arbeitsmedizinern durchzuführen. Hautärzte und andere zugelassene Fachärzte kommen laut BMAS nicht in Betracht, da diese keine Kenntnis der Arbeitsumstände aufweisen. Das Angebot muss sich somit auf Ärzte im Sinne des § 7 ArbMedVV beziehen.


Fazit

Misslich ist nach Auffassung des ZDB, dass das BMAS entgegen seinen vorherigen Ausführungen nunmehr durch technische und organisatorische Maßnahmen nicht mehr eine Vermeidung der intensiven UV-Strahlung und damit der Angebotsvorsorge sieht. Begründet wurde dies seitens der Wissenschaftler damit, dass auch im Schatten noch eine UV-Exposition von bis zu 50 % bestehe. Dort, wo die UV-Strahlung auf die Haut trifft, entstehe sofort in jedem Zellkern der Oberhaut eine Vielzahl von DNA-Schäden, die sich bei fortgesetzter UV-Belastung summiere und damit die Voraussetzung für die spätere Hautkrebsentstehung sei.

In Anbetracht dessen und der niedrig angesetzten zeitlichen Faktoren wird faktisch jedem auf Baustellen tätigen Arbeitnehmer gegenüber das Angebot der Vorsorge auszusprechen sein. Die Erhöhung des Auslösekriteriums bei Beschattung auf zwei Stunden vermag in der Praxis die Anzahl der Vorsorgefälle nicht wesentlich zu reduzieren. Die Anzahl der in die Vorsorge einzubeziehenden Beschäftigten – insbesondere bei Einbeziehung auch anderer Branchen wie das Gaststättengewerbe – wird damit wohl die vom BMAS geschätzte Zahl von 2 bis 3 Mio. in Deutschland Beschäftigen überschreiten.

Daher ist es umso kritischer zu sehen, dass der Kreis der Ärzte, die arbeitsmedizinische Vorsorge durchführen dürfen, nicht erweitert wurde. Die Terminknappheit wird hierdurch noch verstärkt. Der ZDB wird sich jedoch weiterhin dafür einsetzen, die Erweiterung des Ärztekreises zu bewirken.

In Anbetracht der Ausgestaltung der AMR 13.3 ist es zu begrüßen, dass durch den Abschluss der Sozialpartnervereinbarung zum Umgang mit natürlicher UV-Strahlung bei Tätigkeiten im Freien die Pflichtvorsorge verhindert werden konnte. Diese hätte ohne vorherige Durchführung zu Tätigkeitsverboten geführt und deutsche Baustellen stillgelegt.

Um dies auch zukünftig zu verhindern, ist jetzt von großer Bedeutung, dass die Arbeitgeber aktiv werden, die Angebotsvorsorge anbieten und über die Wunschvorsorge informieren.


Die BG BAU beabsichtigt, zeitnah ein entsprechendes Anschreiben der Arbeitgeber an die Arbeitnehmer zu veröffentlichen. Hierüber werden wir informieren.

(AMR) 13.3
"Tätigkeiten im Freien mit intensiver Belastung
durch natürliche UV-Strahlung von regelmäßig
einer Stunde oder mehr je Tag"